Wickelkreuztrage

In a Nutshell


Nutzbar ab: Geburt (manchmal auch genannt: ca. 3 Wochen)

Position: vorn

Benötigte Tuchlänge: 470 cm

Die Wickelkreuztrage ist eine gute Bindetechnik zum Einstieg, denn sie funktioniert schon für ganz kleine Babys. Sie ähnelt der Kreuztrage, ist aber früher nutzbar. Wichtig zu wissen: Sie muss jedes Mal neu gebunden werden. Dadurch wird das Baby aber gleich beim Binden gut in Position gebracht und stabilisiert.

Das Tragetuch muss hier eher lang sein, was manchmal unpraktisch sein kann, weil das Tuch beim Boden auf den Boden hängt (die Kängurutrage z.B. braucht im Vergleich weniger Tuch).

Die Wickelkreuztrage ist auch vorteilhaft bei größeren und schwereren Kindern, denn sie verteilt mit dem Tuchkreuz auf dem Rücken das Gewicht des Kindes gleichmäßig auf Schultern und Hüfte und bringt den Tragenden automatisch in eine aufrechtere Haltung. Durch die vor dem Bauch des Tragenden verlaufende Querbahn wird Gewicht von dessen Schultern genommen. Die Querbahn kann allerdings im Gegenzug auch etwas unangenehm im Brustbereich bzw. auf Bauch und Magen drücken. In diesem Fall ist eine andere Bindeweise evtl. vorzuziehen.

Wichtig: Das Kreuz der Tuchbahnen muss sich ZWISCHEN dem Kind und dem Tragenden befinden, das Kind soll nicht AUF dem Kreuz sitzen. So kommt es in die richtige Anhock-Spreiz-Haltung.


Besonderheiten

Auffächern – ja oder nein?

Oft wird bei dieser Bindeweise angegeben, dass die seitlichen Tuchbahnen aufgefächert werden können bzw. sollten. Dies wird aber vor allem bei kleinen Babys vor dem Sitzalter mittlerweile eher nicht mehr empfohlen. Die Gründe liegen darin, dass bei Auffächerung der Bahnen eventuell einer schlechtere Luftzufuhr besteht und vor allem in der Gefahr, dass durch den Druck der drei Tuchlagen der Rücken gerade bei kleineren Babys unnatürlich glatt gedrückt werden könnte.

Es gibt allerdings auch Berater/innen, die den Standpunkt vertreten, dass die Tuchbahnen durchaus aufgefächert werden können, dann aber auf jeden Fall faltenfrei und von Kniekehle zu Kniekehle. So verteilt sich der Druck der zusätzlichen Tuchbahnen gleichmäßig und es wird nicht zu viel oder zu punktueller Druck ausgeübt. Ab Sitzalter ist ein Auffächern und damit dreilagiges Tragen generell weniger problematisch. Das (dann ja schon etwas schwerere) Kind ist dann aufgrund der dritten Tuchbahn, die über den Rücken verläuft, auch noch etwas mehr gestützt. Ältere und neugierige Kinder, die nicht mehr so viel schlafen, mögen das Auffächern allerdings manchmal nicht, weil dadurch das Blickfeld etwas eingeschränkt wird. Dann wird es möglicherweise generell Zeit, das Kind häufiger auf den Rücken zu binden, wo es mehr sehen kann.

Im Sommer empfiehlt sich ein Auffächern generell nicht so sehr, weil es dadurch für alle Beteiligten einfach sehr warm wird.

Übrigens: Babys können aus rein anatomischen Gründen den Kopf noch nicht ganz zur Seite drehen. Deshalb liegt der Kopf im Tuch nicht zur Seite, sondern mehr nach vorn, zum Tragenden gerichtet. Das ist auch völlig ok so, das Baby bekommt trotzdem genug Luft.

Kopfstütze

Wird das Tuch an der Querbahn  bis zu den Ohren (nicht weiter) hochgezogen, lässt sich damit der Kopf stützen. Das ist gerade bei Neugeborenen vorteilhaft. Das Tuch sollte aber nicht ÜBER den Kopf des Kindes gezogen werden. Man kann, um auf jeden Fall genügend Luftzufuhr zu gewährleisten, aber auch den überschüssigen Stoff zu einer Kopfstütze einrollen, einer Art Nackenrolle, die dann das Köpfchen stützt. Oder aber, als Alternative: Eine Mullwindel zusammenrollen und diese Wulst längs unter die obere Tuchkante ins Tuch einschlagen. Sinnvoll ist, dabei mehr den Schultergürtel als den Nacken bzw. Kopf zu stützen: Zwar kann das Kind den Kopf zu Beginn noch nicht gut selbst halten, ein wenig zutrauen darf man ihm hier dennoch (sichere Kopfkontrolle: In der Regel ab dem 4./5. Monat).

Die Möglichkeiten, eine Nackenstütze zu „bauen“ sind hier illustriert.


Varianten

Der abschließende Knoten muss nicht hinter dem Rücken gebunden werden. Er kann auch an der Hüfte liegen – dies ist z.B. ganz praktisch, wenn man einmal länger mit dem Kind im Tuch sitzt.

Anstatt die Tuchenden unter dem Po des Babys zu überkreuzen und dann hinter dem eigenen Rücken zu verknoten, kann der abschließende Knoten auch direkt unter dem Po des Babys gemacht werden. Dies ist praktisch bei kürzeren Tüchern und soll auch einer möglichen Überspreizung der Beine gerade bei sehr kleinen Babys entgegen wirken.

Alternativ (dann braucht es aber im Gegenteil in längeres Tuch) können die Tuchstränge auch erst einmal unter dem Po des Babys mehrmals miteinander verdreht (getwistet) und dann nach hinten geführt werden, so besteht ebenfalls weniger die Gefahr einer Überspreizung. Außerdem kann diese Variante vorteilhaft für den Tragenden sein, weil es das Becken und den Beckenboden stabilisiert (die Technik wird auch bei Bindeweisen für Schwangere eingesetzt). Hier wird es gezeigt.


Bindeanleitungen

Wickelkreuztrage bei Didymos

Wickelkreuztrage bei Pollora (YouTube)

Wickelkreuztrage bei Trageschule Hamburg (YouTube)

Wickelkreuztrage bei kindsknopf (YouTube)

Wickelkreuztrage bei Tuchlinge (YouTube)


Quellen

Kitacheck: Teil 7 – ein Nachtrag

Es gibt noch eine Fortsetzung zu meinen Kitabetrachtungen vom letzten Jahr! Nämlich einen Besuchsbericht aus diesem Jahr, und zwar erneut zum Modell „Wasserrohrbruch„. Diese Kita zog Ende letzten Jahres in ihren hübschen Neubau zurück, der ja zeitweilig einem Wasserschaden erlegen war. Wir wurden deshalb für Anfang des Jahres netterweise zu einer erneuten Besichtigung eingeladen. Wir, also das Kind und ich, trafen diesmal nicht auf den Leiter, sondern auf die stellvertretenden Leitung. Und das führte zu ungeahnten Konsequenzen.

Meine Kollegin stellte ja unlängst die These auf, dass einige stellvertretende Leitungen in solchen Situationen, in denen sie sich in einer für sie sonst nicht so häufig vorhandenen Machtposition befinden, manchmal etwas – äh – unangemessen in ihrer Kommunikation werden können. Das Gespräch mit speziell dieser Leiterin jedenfalls war so abschreckend, dass ich danach zur Verarbeitung direkt zwei Telefonate führen und drei Whatsapp-Sprachnachrichten verschicken musste und abends die Vormerkung für die Kita wieder herausnahm. Das kam so:

Abgesehen von der, nunja, etwas kühlen Atmosphäre und der Tatsache, dass das Kind beim Ankommen noch nicht mal richtig begrüßt wurde, wurde ich während unseres Besuchs zunehmend skeptischer: Zunächst wurde mir beim Betrachten der Essenspläne ungefragt erläutert, dass Zucker ja sehr schlecht für Kinder sei. Ah. Auf meine Nachfrage, wie häufig mit den Kindern (das wirklich schöne) Außengelände genutzt werde, erklärte sie mir, dass man mit den Kindern nur rausgehen könne, wenn sie sich selbst anziehen könnten (bei dem miesen Betreuungsschlüssel dort kann man das den Fachkräften dort allerdings tatsächlich kaum ankreiden). Dann berichtete sie mir ausführlich, welche sozialen Kompetenzen man denn so in der Kita erlerne („Und dann lernt er, dass er auch mal warten muss bei den Spielsachen!“ Ui…). Kinder im Alter von drei Jahren würden ja aber ohnehin noch nicht miteinander spielen. Die Kinder dort würden ihre Beschäftigungen übrigens in der Regel frei und selbst wählen – währenddessen saßen zehn Kinder neben uns am Tisch und sollten irgendwas mit Sand machen. Vorsichtig das Thema „Eingewöhnung“ ansprechend, das bei uns ja zuletzt doch ein leidiges war, wurde ich in latent belehrendem Tonfall mit dem überraschenden Satz aufgeklärt, dass sich ja auch die Eltern trennen können müssten (*gähn* – ich erwähnte kurz vorher, dass das Kind 1,5 Jahre unproblematisch zur Tagesmutter ging), dass man dem Kind aber auch mal zeigen müsse, wer der Boss sei, und dass Kinder ja auch dauernd ihre Grenzen austesten würden. Auf die Nachfrage, ob man denn bei Trennungsversuchen wirklich warten würde, bis das Kind eine gute Bindung zu einer der Erzieherinnen bzw. einem der Erzieher aufgebaut habe, antwortete sie mit kurzem Schweigen und dann der Erklärung, dass man, wenn Kinder sich so gar nicht trennen wollten, dann auch einfach mal einen schnellen Cut machen würde, denn: „Es gibt ja so Kinder, die setzen das Weinen bewusst ein, um zu bekommen, was sie wollen“. Dem müsse man natürlich entsprechend entgegenwirken. Das alles plus der maulige Tonfall der Erzieherin neben uns („WENN DU DAS NOCH MAL MACHST KANNST DU HIER GAR NICHT MEHR MITSPIELEN!“) vermittelte mir dann doch den Eindruck, dass wir hier vielleicht nicht zusammenkommen. Möglicherweise hatte auch die stellvertretende Leitung diesen Eindruck, denn ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes, als ich das Kind durch bloßes Reden zum Mitkommen bewegen wollte und es nicht mit klarer Ansage hinter mir her zog – ich soll doch schließlich der Boss sein! Nur gut, dass sie nicht wusste, in welchem Job ich arbeite, ich glaube, das hätte es noch schlimmer gemacht.

Mir war nach diesem Vormittag dann jedenfalls etwas flau.

Warten auf den Kitaplatz: Ein Protokoll

Ich berichtete dereinst ja schon mal über meine Kita-Besichtigungstour und über unsere aktuelle Situation in Sachen Kinderbetreuung. Derzeit besucht das Kind weder Tagesmutter noch Krippe, sondern ist wechselweise bei uns zu Hause und bei den rund 100 km entfernt wohnenden Großeltern (Stundenreduzierung meinerseits, Homeoffice-Optionen seitens des Mannes und Großelternflexibilität sei dank).

Da das keine Dauerlösung ist und jetzt, mit gut drei Jahren, auch der Kontakt zu anderen Kindern außerhalb von Tanzgruppen und eingestreuten Treffen mit seinen Freunden noch wichtiger wird, suchen wir also nach einem Kitaplatz. Nein, wir suchten. Seit vergangenem Montag haben wir ein festes Angebot, was in dieser Stand tatsächlich einem Lottogewinn gleichzukommen scheint. Von der Krippensuche war ich das schon gewohnt, bezüglich der Kitaplatzvergabe wurde mir aber immer euphorisch, das Gute im Schlechten suchend, berichtet, Kitaplätze seien noch vergleichsweise gut zu erringen, Krippe und Hort – das sei viel schwieriger.

Nun, die überfüllte Geburtsstation damals hätte mich misstrauisch stimmen sollen, irgendwann müssen die meisten Kinder von damals ja auch in irgendeine Kita, und irgendwie war ich auch skeptisch. Doch der Reihe nach.

Anfang 2015

Nachdem ich auf dem Spielplatz schräg angeschaut wurde, als ich sagte, ich würde das Kind erstmal prophylaktisch in allen verfügbaren Kitas des Stadtteils vormerken, wurde ich mir meiner mütterlichen Pflichten bewusst und machte Besichtigungstermine in allen Kitas aus. Nur in einer nicht – die wollte nicht. Drei mal darf man raten, wo wir jetzt einen Platz bekommen haben.

Meine umfänglichen Kita-Betrachtungen lassen sich übrigens hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier nachlesen, auch der Besichtigungsnachtrag.

Nachdem im letzten Jahr alle Papieranmeldungen nicht mehr gültig waren, weil auf das großartige, thermomixähnlich multikompetente kindernet-Portal umgestellt worden war, nahm ich in Letzterem noch mal alle Vormerkungen neu vor. Das ist, zugegebenermaßen, ganz praktisch, weil sich wirklich relativ fix alle Daten online eingeben lassen – das recht aufwändige Papierabgegebe in den einzelnen Einrichtungen, das Bangen, ob das Formular wirklich noch in dem Ordner liegt, wo es hin soll, und ein umständliches eventuelles wieder Abmelden entfällt. Das ist allerdings dann doch weitgehend der einzige Vorteil.

Es wird empfohlen, 3 – 5 Wunschkitas auszuwählen (bei uns waren es 5, und, ganz ehrlich, den Empfehlungen traue ich nicht, ich hätte auch sofort noch mehr ausgewählt, wenn denn welche gepasst hätten). Um zu verstehen, warum diese Vorauswahl Sinn macht, muss man das lustige System begreifen, das diesem neuen Vergabeverfahren zugrunde liegt. Das funktioniert nämlich so:

Alle Vormerkungen für alle Kitas werden online gesammelt, die Kitas vergeben ihre Plätze aber weiterhin einzeln – und zwar im Februar. Dafür lassen sie sich vom kindernet eine Liste ausspucken, die alle Vormerkungen für ihre Kita anzeigt. Es greifen dann erstmal die üblichen Vergabekriterien: alleinerziehend, berufstätig, Geschwisterkinder… darüber hinaus können die Kitas in ihrer Vergabe der Plätze recht individuell entscheiden. Diese Kriterien sind nicht neu. Während aber früher alle Kitas die ausgewählten Eltern parallel anschreiben durften und man so eventuell mehrere Angebote gleichzeitig erhielt, gilt nun sozusagen: „first come first serve“. Das heißt: Sobald man von einer Kita einen Platz angeboten bekommt, ist man für alle anderen Kitas gesperrt und hat nun 14 Tage Zeit, den Platz anzunehmen. Für Angebote anderer Kitas ist man erst wieder frei, wenn man dieses Platzangebot ablehnt. Verzichtet man allerdings, verwirkt man damit gleichzeitig seinen generellen Rechtsanspruch auf einen Platz. Aber das ist eigentlich Makulatur, denn, mal ehrlich: Wir sind hier in Frankfurt. Hier würden sich Menschen nackt ausziehen und durch den Kita-Garten rennen, wenn ihnen das einen Platz einbringen würde (offensives Angebot einer Freundin übrigens). Keiner, der noch halbwegs bei Verstand ist, lehnt also eine solche Zusage ab. Nur weiß man dann eben nicht, ob von einer anderen Kita, die eventuell besser passt, nicht auch noch ein Angebot gekommen wäre. Ja, ich weiß schon, verringert den bürokratischen Aufwand für alle, weil ja keine Absagen mehr und so… komischerweise fand aber kaum eine der Leitungen, mit denen ich gesprochen habe, das System so wirklich toll. Und als Eltern nimmt es einem die – wenn auch mit geringer Chance vorhandene – Wahlmöglichkeit, denn, ganz ehrlich: Ich fand die 5 ausgewählten Kitas jetzt nicht alle durch die Bank weg toll. Aber ich bin ja auch nicht blöd: 5 Kitas waren ja schon eine ganz schön kleine Auswahl dafür, dass wir wirklich dringend einen Platz benötigen, waren also anzahltechnisch der Mindeststandard.

Naja, nun, das zum Hintergrund. Zurück zum Jetzt:

Anfang Februar

Die Netzwerkkommunikation läuft: Ich höre von ersten Platzangeboten bei Bekannten. Bei uns: Stille. Mein Umfeld sagt, ich soll mich entspannen, wir würden doch sicher einen Platz… ich bin leicht skeptisch, versuche aber, nicht zu hyperventilieren. Meine Freundin T. mit gleich altem Sohn U. hat auch noch nichts gehört. Wir halten uns an unserer gegenseitigen Platzlosigkeit fest.

Ein paar Tage später

Ich checke halbstündlich Mailaccount, Anrufliste, kindernet-Nachrichten. Nix. Ich beginne zu rechnen: Wenn man 14 Tage Zeit hat, einen Platz anzunehmen und die Einrichtungen Anfang Februar mit der Vergabe beginnen, wir aber noch nichts gehört haben… dürfen wir dann vielleicht nur noch auf eventuell abgelehnte Restplätze hoffen? Ich google mich dämlich, schreibe das Stadtschulamt an, der Informationsgehalt geht aber gegen null. Die Anrufe von T. ergeben, dass in einer gemeinsam vorgemerkten Kita noch „alles offen“ sei und die Vergabe sich noch „bis Ende Februar ziehen“ könne. Mein Umfeld sagt, ich soll mich entspannen, wir würden doch sicher einen Platz… T. und ich schwanken zwischen „Ruhe bewahren“ und „wuschig“. Denken kurz über eine wechselseitige Kinderbetreuung nach.

Donnerstag, 9. Februar

Ich spreche mit einer Kollegin, deren Tochter einen Hort in einem anderen Stadtteil besucht. Sie fragt bei ihrem Hortleiter nach, wie das denn so genau liefe,  also so mit der Platzvergabe. Er berichtet, dass einige Leitungen schon damit begonnen hätten, er z.B. sei aber noch mittendrin. Er deutet an, ein Anruf in der Einrichtung zu diesem Zeitpunkt könne durchaus hilfreich sein. Die Kollegin teilt es mir am Telefon mit, während ich mit Kind im Auto auf dem Weg in den Norden zu meinen Eltern bin. Ich überlege, jetzt doch noch mal rumzutelefonieren, auch auf die Gefahr hin, zu nerven. Ich unterrichte T. über den neuen Informationsstand.

Freitag, 10. Februar

Bei meinen Eltern greife ich zum Telefon: Ich frage unsere Nachbarin B., deren zwei Töchter L. und P. in eine Kita in der Nähe gehen, für die wir auch vorgemerkt sind, ob sie mal nachfragen könne, wie das denn da so mit der Platzvergabe… Ich rufe außerdem unsere ehemalige Tagesmutter an, die Kontakt zu einer weiteren Kita hat, und bitte sie, auch dort mal nachzuhaken. Sie verspricht es und berichtet gleichzeitig, sie suche auch gerade dringend noch einen Platz für ihren Sohn. Ich erzähle, ich wüsste noch von einem freien Platz in einem Waldkindergarten, der allerdings nur bis 14:30 Uhr betreuen würde (deshalb wahrscheinlich der freie Platz). Verspreche, dort einmal anzurufen, zumal kurz die Idee aufkommt, wir könnten beide Kinder dort unterbringen, wobei sie dann die fehlende Betreuungszeit am Nachmittag übernehmen würde. Freunde mich mit der Idee an, bin aber skeptisch, ob wir das rein logistisch so schnell eingetütet bekämen. Unterrichte den Mann medial über die neuen Entwicklungen. T. hat inzwischen weitere Kitas abtelefoniert und herausgefunden, dass die meisten Plätze schon vergeben sind. Mir wird ein wenig warm. Rufe im Waldkindergarten an und spreche auf den AB. Beim Rückruf, der wegen fehlender Verbindung, verlegtem Handy (ich renne dabei durch das Haus meiner Eltern, höre entferntes Klingeln und rufe hektisch „da legt man EINMAL das Dreckstelefon weg!“) erst beim 8. Mal funktioniert, erfahre ich, dass zwei Plätze frei würden. Wir vereinbaren ein Gespräch für Montag. Ich unterrichte das Netzwerk über den neuesten Stand. Kurz darauf schreibt mir B., wir hätten den Platz in der Nachbarskita „so gut wie sicher“ – der Leiter habe die Platzvergabe noch nicht gestartet, sich aber unseren Namen notiert und entsprechende Signale gesendet. Ich bin platt: Ich nenne es jetzt mal nicht „Beziehungen“, sondern „Netzwerkarbeit“, aber was klar ist: Ohne geht offensichtlich nix. Ich bin B. zutiefst dankbar, denke mir aber auch: Natürlich. Genau die Kita, die ich kein bisschen kenne. Aber was soll`s, unsere Nachbarstochter, heiß geliebt vom Sohn, ist auch schon dort. Das könnte ja helfen! Beschließe, den Montag und ein offizielles Angebot abzuwarten.

T. berichtet derweil noch leicht verlegen, sie habe beim Anrufen aus Versehen eine gleichnamige Kita aus einem anderen Stadtteil erwischt… die Leiterin sei aber sehr nett gewesen… sie würde jetzt aber Montag noch mal in der richtigen… sie stillt aber gerade auch viel, muss man zu ihrer Verteidigung sagen.

11. und 12. Februar, Wochenende

Ich denke weiterhin alle Alternativen durch und warte auf Montag. Zwischendurch schlage ich mir kurz vor den Kopf, weil ich mich jetzt frage, wie ich bei der Kita-Auswahl so dämlich sein konnte: Natürlich haben die Kitas, bei denen auch eine Krippe in die Einrichtung integriert ist, keine Ü3-Plätze extern zu vergeben. Die gehen ja alle an die nachkommenden Krippenkinder! Warum hab ich die bloß mit auf die Liste genommen?!

Montag, 13. Februar

Montag morgen, ich rufe im Waldkindergarten an und berichte von der Lage und unseren Plänen. Wir vereinbaren einen Termin für die darauffolgende Woche, die Tagesmutter soll am besten gleich mitkommen. Ich ahne, dass das nicht unsere abschließende Lösung werden wird, möchte aber die Tagesmutter bei der Platzsuche für ihren Sohn unterstützen und will auch für alles offen bleiben, vor allem solange es keine andere offizielle Zusage gibt. Die Tagesmutter erzählt, auch in der von ihr kontaktierten Kita seien keine Plätze verfügbar. T. berichtet, dass sie nun die richtige Einrichtung erwischt habe, doch auch in der „das kann sich noch bis Ende Februar ziehen“-Kita sind die Plätze jetzt plötzlich dicht. Ihr ist jetzt auch ein bißchen warm.

Dann macht es E-Mail-Ping: Ich bekomme eine Platzzusage von der Nachbarskita. Uff! Ich bin dermaßen erleichtert und berichte an den Mann, T., B. und die Tagesmutter. T. überlegt hektisch, ob sie U. nun auch noch schnell dort anmelden sollte. Toll wäre es ja schon, wenn beide Jungs gemeinsam in den Laden gehen könnten. Ich rate ihr, zügig beim Leiter anzurufen, denn theoretisch müsste er ja gerade mitten in der Platzvergabe stecken. Wir überlegen, mit welchen Argumenten man hier am besten auflaufen kann und entscheiden uns für die Wahrheit: Die drei Kinder kennen sich gut, sie sehen sich oft, es wäre einfach schön…

Während ich auf der Rückfahrt aus dem Norden nach Hessen bin, kommt die Nachricht von T.: Der Leiter habe zurückgerufen, sei sehr nett gewesen und habe auch ihr signalisiert, dass ein Platz für U. sehr sicher sei. Wir freuen uns einen Ast.

Ich freue mich noch mal besonders, weil T. und ich in Sachen Erziehung (oder auch Nicht-Erziehung) so ähnlich ticken und es auch für mich als Mutter schön ist, bei der Eingewöhnung jemanden in der genau gleichen Situation zu haben. Zumal es für die Kinder toll ist und U. seit neuester Sachstandslage auch des Kindes „bester Freund“ ist (und ich. Und sein Vater und… naja, lassen wir das). Berichte dem Kind, dass es bald mit P. und U. zusammen in den Kindergarten gehen kann. Es ruft erfreut: „Ja, mit meine Freunde!“

Mittwoch, 15. Februar

Die endgültige Zusage für U. ist gekommen. Wir freuen uns noch mal einen Ast, vor allem, nachdem B. berichtet, dass wirklich alle ab dem Sommer in eine Gruppe kommen sollen. Das Aufnahmegespräch haben wir erst in ein paar Tagen, ich weiß natürlich noch nicht genau, wie die Kita tickt, denke mir aber mittlerweile einigermaßen beruhigt, dass die Kinderfreundschaften einiges abfedern könnten und dass auch ich mich so – trotz zuletzt schlechter Betreuungserfahrungen – leichter mit der Situation tun werde. Mal davon abgesehen, dass wir Eltern uns so auch mal prima mit dem Abholen abwechseln können, die Kita örtlich gesehen für uns tatsächlich am besten liegt und sie auch nicht so riesig ist. Der Rest: Mal sehen.

Aber: Wir haben einen Platz! Einen Platz! Einen echten, richtigen Platz! Wir können endlich wieder langfristig planen! Vielleicht können wir sogar noch mal vorher Urlaub buchen! Bald sind wir unsere logistisch prekäre Zwischenlösung los!

Ich bin echt froh.

Aber, ganz ehrlich – um mit des Kindes Worten zu sprechen: „Das war gar nicht lustig!“

Doppelkreuztrage

 In a Nutshell


Nutzbar ab: 9./10. Woche

Position: vorne

Benötigte Tuchlänge:  470 cm

Genauso wie bei der Kreuztrage sollte das Baby hier schon eine gewisse Stabilität im Rücken und auch eine recht gute Kopfkontrolle haben (das ist meist in ca. der 10. Woche bzw. um den 2./3. Monat herum gegeben).

Mit der Doppelkreuztrage wird die Spreizhaltung der Beine gut unterstützt – dies ist förderlich für die Hüfte und kann günstig bei einer Hüftfehlstellung sein.


Besonderheiten

Teilweise vorgebunden

Das Tuch ist hier teilweise vorgebunden. Dies ist praktisch, weil das Tuch nicht noch lang auf den Boden hängt, während man das Baby hineinsetzt, sondern dass es dann schon recht gut in Form gebracht ist. Vor allem ist von Vorteil, dass das Tuch gebunden bleiben kann, auch, wenn das Kind zwischendurch herausgenommen und wieder hineingesetzt wird. Wichtig ist dabei nur, das Tuch bei jedem erneuten Hineinsetzen des Kindes wieder ordentlich festzuziehen (Stichwort: nachsträhnen). Das ist aber recht schnell gemacht und geht mi jedem Mal leichter von der Hand.

Auffächern

Genauso wie bei der Kreuztrage müssen auch die beiden Stoffbahnen der Doppelkreuztrage auf dem Rücken des Kindes aufgefächert werden. Auch hier gilt: faltenfrei und von Kniekehle zu Kniekehle aufgefächert werden. Der Kopf kann, insbesondere beim Schlafen, durch eine Tuchbahn gestützt werden. Aber auch hier gilt: Für eine freie Atmung die Tuchbahn nicht zu weit über den Kopf ziehen.

Arme drinnen oder draußen?

Bei älteren Kindern dürfen die Schultern ruhig herausschauen, allerdings immer so weit, dass der Rücken noch gut gestützt wird. Bei bereits stabil sitzenden Kindern dürfen außerdem die Arme außerhalb des Tuches sein. Das ist besonders dann vorteilhaft, wenn das Kind eher neugierig und agil ist.


Varianten

Der abschließende Knoten kann, je nach Länge des Tuches, vorne, also unter dem Po des Babys gemacht werden (braucht weniger Tuch), oder das Tuch wird zunächst vor dem Bauch gedreht bzw. getwistet (s. Varianten bei der Wickelkreuztrage), dann nach hinten geführt und auf dem Rücken verknotet.

Alternativ kann auch, wie bei der Wickelkreuztrage, erst eine Tuchbahn vor die Brust gelegt und die Tuchenden dann nach hinten geführt, auf dem Rücken üerkreuzt und über die Schultern nach vorn geführt werden. Anders als bei der Wickelkreuztrage kommt dann aber nicht gleich das Baby ins Spiel, sondern die Tuchenden werden unter der vorne quer liegenden Tuchbahn durchgeführt, vor dem eigenen Bauch verkreuzt und (auf beiden Seiten je eine Tuchbahn) wieder auf den Rücken geführt. Dort können die Tuchenden direkt verknotet werden, oder aber, bei ausreichend langem Tuch, die Tuchenden werden dort verdreht bzw. getwistet (s.o.) und wieder nach vorne geführt und dort verknotet. Danach wird das Baby in die vorgebundene Trage gesetzt, die beiden schräg liegenden Stoffbahnen werden aufgefächert und die quer liegende Tuchbahn wird schlußendlich über den Rücken des Babys nach oben gezogen.


Vergleich: Kreuztrage – Doppelkreuztrage

Beiden Bindeweisen gleich ist, dass das Kind schon etwas stabiler in Rücken und Nacken sein sollte.

Bei grober Betrachtung erschließt sich einem der Unterschied zwischen beiden Bindeweisen vielleicht nicht gleich: Doch die Doppelkreuztrage hat – man ahnt es – ein Tuchkreuz auf dem Rücken des Tragenden und vorne ebenfalls. Der einfachen Kreuztrage fehlt die zusätzliche Querbahn, die die Doppelkreuztrage aufweist, und die quasi quer zu den Tuchkreuzen um den Tragenden herum liegt. So verteilt sich bei der Doppelkreuztrage meist auch gleichmäßiger das Gewicht des Babys.

Die Kreuztrage benötigt kein so langes Tuch wie die Doppelkreuztrage. Und wesentlich: Die Kreuztrage lässt sich, anders als die Doppelkreuztrage (in den meisten Varianten) nicht nachstraffen (bei dem Versuch würde alles verrutschen), was bedeutet, das Tuch muss schon gleich sehr gut vorgebuden sein, damit das Kind auch in der richtrigen Haltung darin sitzt und damit es für den Tragenden angenehm ist. Die Doppelkreuztrage hingegen wird in der Regel teilweise vorgebunden, dann aber, nachdem das Baby hineingesetzt wurde, noch einmal ordentlich festgezogen, was in der Regel von Vorteil ist.

Am Ende kommt es bei beiden Bindeweisen wie bei allen anderen auch – ob vorgebunden oder nicht – darauf an, dass das Kind gut eingehockt, in korrekter Anhock-Spreiz-Haltung, und gut gestützt im Tuch sitzt. Dann bleibt die Wahl der Bindeweise weitgehend eine der persönlichen Vorliebe.

 


Bindeanleitungen

Doppelkreuztrage bei Pollora (youtube)

Doppelkreuztrage bei TheTurbomary (youtube)


Quellen

  • Kirkilionis, Evelin: Ein Baby will getragen sein. Alles über geeignete Tragehilfen und die Vorteile des Tragens. München: Kösel-Verlag.

Kreuztrage / X-Trage

 In a Nutshell


Nutzbar ab: 9./10. Woche

Position: vorne

Benötigte Tuchlänge:  420 cm

Für diese Bindeweise sollte das Baby schon eine gewisse Stabilität im Rücken und im Nacken (Stichwort: Kopfkontrolle) haben; meist ist dies um die 10. Woche bzw. den 2./3. Monat herum der Fall. Vorher besteht die Gefahr, dass das Baby im Tuch ungünstig zur Seite kippen kann.

Mit der Kreuztrage wird besonders gut die Spreizhaltung der Beine gegeben, was förderlich für die Hüftentwicklung und dementsprechend vorteilhaft bei einer Hüftfehlstellung des Kindes ist.


Besonderheiten

Vorgebunden

Das Tuch ist hier bereits vorgebunden. Das hat, grob gesagt, einen Vor- und einen Nachteil: Vorteil ist, dass das Kind recht schnell zwischendurch ins Tuch hinein- und auch wieder herausgehoben werden kann, ohne dieses jedes Mal neu binden zu müssen. Nachteil ist, dass sich das Tuch schwieriger richtig gut an das Baby anpassen lässt, da es nicht nachträglich nachgezogen wird. Mit ein bißchen Übung kann die Kreuztrage aber eine ganz praktische Angelegenheit sein.

Auffächern

Während bei der Wickelkreuztrage das Auffächern ein „Kann“ bzw. vielleicht sogar ein „Sollte nicht“ ist es bei der Kreuztrage sehr wichtig: Die beiden sich über dem Rücken des Kindes kreuzenden Stoffbahnen sollen breit und faltenfrei von Kniekehle zu Kniekehle aufgefächert werden. Der Kopf kann, insbesondere beim Schlafen, durch eine Tuchbahn gestützt werden. Aber auch hier gilt: Für eine freie Atmung die Tuchbahn nicht zu weit über den Kopf ziehen.

Arme drinnen oder draußen?

Im oberen Teil des Tuchkreuzes bildet sich sozusagen und logischerweise ein V aus den Stoffbahnen. Aus diesem dürfen bei älteren Kindern die Schultern ruhig herausschauen, allerdings immer so weit, dass der Rücken noch gut gestützt wird. Bei bereits stabil sitzenden Kindern dürfen außerdem die Arme außerhalb des Tuches sein. Das ist besonders dann vorteilhaft, wenn das Kind eher neugierig und agil ist.


Varianten

Statt zur Seite bzw. nach vorne können die Tuchenden auch direkt auf dem Rücken verknotet werden (praktisch bei sehr kurzem Tuch).


Vergleich: Kreuztrage – Doppelkreuztrage

Beiden Bindeweisen gleich ist, dass das Kind schon etwas stabiler in Rücken und Nacken sein sollte.

Bei grober Betrachtung erschließt sich einem der Unterschied zwischen beiden Bindeweisen vielleicht nicht gleich: Doch die Doppelkreuztrage hat – man ahnt es – ein Tuchkreuz auf dem Rücken des Tragenden und vorne ebenfalls. Der einfachen Kreuztrage fehlt die zusätzliche Querbahn, die die Doppelkreuztrage aufweist, und die quasi quer zu den Tuchkreuzen um den Tragenden herum liegt. So verteilt sich bei der Doppelkreuztrage meist auch gleichmäßiger das Gewicht des Babys.

Die Kreuztrage benötigt kein so langes Tuch wie die Doppelkreuztrage. Und wesentlich: Die Kreuztrage lässt sich, anders als die Doppelkreuztrage (in den meisten Varianten) nicht nachstraffen (bei dem Versuch würde alles verrutschen), was bedeutet, das Tuch muss schon gleich sehr gut vorgebuden sein, damit das Kind auch in der richtrigen Haltung darin sitzt und damit es für den Tragenden angenehm ist. Die Doppelkreuztrage hingegen wird in der Regel teilweise vorgebunden, dann aber, nachdem das Baby hineingesetzt wurde, noch einmal ordentlich festgezogen, was in derRegel von Vorteil ist.

Am Ende kommt es bei beiden Bindeweisen wie bei allen anderen auch – ob vorgebunden oder nicht – darauf an, dass das Kind gut eingehockt, in korrekter Anhock-Spreiz-Haltung, und gut gestützt im Tuch sitzt. Dann bleibt die Wahl der Bindeweise weitgehend eine der persönlichen Vorliebe.

 


Bindeanleitungen

Kreuztrage bei Didymos

Kreuztrage bei Fidella (youtube)


Quellen

  • Didymos
  • Kirkilionis, Evelin: Ein Baby will getragen sein. Alles über geeignete Tragehilfen und die Vorteile des Tragens. München: Kösel-Verlag.

Bindeweisen – eine Übersicht

Die folgende Auflistung soll einen Überblick über einige Bindeweisen geben, die mit dem Tragetuch möglich sind (natürlich finden sich darüber hinaus noch viel mehr Varianten).

Wichtig ist mir vor allem, eine Übersicht darüber zu geben, ab welchem Alter die Bindeweise jeweils genutzt werden kann, welche Tuchlänge dafür in etwa erforderlich ist, ob sie hinten, vorne oder hüftig, bereits vorgebunden oder mit dem Kind fertig gebunden wird. Z.T. wurden die Bindeweisen von bestimmten „Institutionen“ entwickelt – dies habe ich ebenfalls nach bestem Wissen vermerkt.

Ein Klick auf den jeweiligen Namen der Bindeweise in der Tabelle führt Euch zu ausführlicheren Beschreibungen. In diesen stelle ich die Besonderheiten der jeweiligen Bindetechnik dar. Dort sind zwar derzeit keine detaillierten Anleitungen zum Binden enthalten, dafür sind aber hier in der Tabelle Links zu Erklärungen oder Demos eingefügt, die ich persönlich hilfreich finde.

Die Übersicht werde ich fortlaufend erweitern, aktuell ist sie ein erster Anfang – aber vielleicht ist für den ein oder anderen schon etwas Hilfreiches dabei.

Name Position Ab wann vorgebun. Tuchlänge
Bauchsitz (Lana) vorne 9./10. Woche ja
Hullahopp (Lana) vorne Geburt nein 260 cm
Wickelkreuztrage / Wickel-X-Trage vorne Geburt nein 470 cm
Wickelkreuztrage bei Didymos
Wickelkreuztrage bei Pollora (youtube)
Wickelkreuztrage bei Trageschule Hamburg (youtube)
Wickelkreuztrage – Variante vorne Geburt ja 470 cm
Wickelkreuztrage – Variante bei Didymos
Kreuztrage / X-Trage (Didymos) vorne 9./10. Woche ja 420 cm
Kreuztrage bei Didymos
Kreuztrage bei Fidella (youtube)
Doppelte Kreuztrage ohne Knoten (Didymos) vorne 6. Woche ja 470 cm
Doppelte Kreuztrage bei Didymos
Doppelkreuztrage  vorne  9./10. Woche halb  470 cm
Doppelkreuztrage bei Pollora (youtube)
Doppelkreuztrage bei TheTurbomary (youtube)
Kängurutrage vorne Geburt nein 370 cm
Kängurutrage bei Didymos
Hüftsitz Hüfte 12. Woche nein 270 cm
Hüftsitz bei Didymos
Hüftschlinge Hüfte 12. Woche halb 370 cm
Hüftschlinge bei Didymos
Kreuztrage seitlich (Didymos) Hüfte 12. Woche ja 320 cm
Kreuztrage seitlich bei Didymos
Kängurutrage seitlich Hüfte 12. Woche halb 320 cm
Kängurutrage seitlich bei Didymos
Rucksacktrage/ einfache Rückentrage hinten 4./5. Monat nein 350 cm
Rucksacktrage bei Didymos
Wickelkreuz-Rucksack / Gewickelte Rückentrage hinten 4./5. Monat nein 470 cm
Wickelkreuz-Rucksack bei Didymos
Rückentrage ohne Knoten hinten 4./5. Monat nein 470 cm
Double Hammock / Einfache Rückentrage doppelt gestützt hinten 4./5. Monat nein 470 cm
Double Hammock bei Didymos
Rückentrage afrikanisch hinten 4./5. Monat nein 470 cm
Rückentrage tibetisch hinten 4./5. Monat nein 470 cm
Rückentrage nepalesisch hinten 4./5. Monat nein 470 cm
X-Trage tibetisch hinten 4./5. Monat nein 470 cm

Erziehungs-Bullshit-Bingo

Playtime!

Heute gibts Bullshit-Bingo aus dem Erziehungsressort, genauer: aus dem Moloch von Eingewöhnung und (wir schlagen alle mal entsetzt die Hand vor den Mund) Einrichtungswechsel. Mitspielen dürfen alle, bei denen es mit der Eingewöhnung gerade mal eher nicht so läuft und die sogar über einen Wechsel der Kita, wahlweise Tageseltern, nachdenken.

Für einen erfolgreichen Spielverlauf ist es unabdingbar, eine entsprechende Ausgangskonstellation zu schaffen: Man nehme dafür natürlich zuerst untenstehendes Bingoblatt, alsdann seinen Mut zusammen und berichte verschiedenen Menschen aus seinem Umfeld von seiner aktuellen Problematik. Hilfreich ist es, wenn diese Menschen eher keinen pädagogischen oder psychologischen Hintergrund mitbringen, denn dann ist meist mit einem offensiveren und überzeugteren Antwortverhalten zu rechnen, was dem Bingoerfolg ja durchaus zuträglich ist.

Folgende Berichterstattung ist meist ausreichend, um das Spiel so richtig in Fahrt zu bringen:

  • Das Kind wehre sich zunehmend, in der Einrichtung zu bleiben – man sei langsam wirklich verzweifelt und wisse nicht weiter.
  • Man könne nicht mehr schlafen, weil das Kind sich morgens mittlerweile schreiend an einen klammere.
  • Das Kind frage auch am Wochenende regelmäßig, ob es wieder in die Kita müsse.
  • Die Erzieherinnen gingen nicht wirklich empathisch mit der Situation um.
  • Das Kind dürfe beim Abgeben zwar ruhig weinen, aber doch bitte in einem anderen Zimmer, um die übrigen Kinder nicht zu stören.

Wer ganz hart drauf ist, kann noch hinzufügen:

  • Man überlege, die Einrichtung zu wechseln, weil es sich dort so falsch anfühlt.

Jetzt geht`s los! Stift zücken und Sätze durchstreichen – wer zuerst eine Reihe voll hat, ruft „Erziehungs-Bullshit!“ und darf als erstes die Hausbar entern.

Wer alle Sätze abgearbeitet und den zweiten Eierlikör gekippt hat, hat dann noch zwei Möglichkeiten: Entweder kommentarlos umdrehen oder das Erziehungs-Bullshit-Bingo-Pamphlet zitieren, das ich hiermit gerne zur Verfügung stelle.

Das Erziehungs-Bullshit-Bingo-Pamphlet

“Flucht ist keine Lösung”

Der Duden definiert „Flucht“ ja unter anderem als „das Ausweichen aus einer als unangenehm empfundenen oder nicht zu bewältigenden [Lebens]situation“.

Das kann man erstmal ganz neutral lesen, und ich finde an Flucht an sich erstmal nichts Schlechtes. Wenn ich etwas als unhaltbar empfinde, kann ich versuchen, es zu ändern, oder aber ich schlage einen anderen Weg ein (das ist die pazifistische Variante, die Kriegsoption möchte ich jetzt mal ausklammern). So gut wie jeder kennt wahrscheinlich die Sätze von Reinhold Niebuhr:

Gott, gib mir die Gelassenheit,

Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,

den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,

und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Ich weiß natürlich, dass ein Satz wie der oben Genannte auf etwas anderes abzielt: Wer sich vor der kleinsten Schwierigkeit drückt, der lernt nie, sich durchzusetzen und unangenehme Situationen auch mal auszuhalten. Das ist auch richtig. Erfolgreich gemeisterte Situationen stärken zudem das Selbstvertrauen, das Selbstwirksamkeitserleben und sie erhöhen die Resilienz – die psychische Widerstandsfähigkeit. Vielleicht zielt darauf am Ende auch der Satz:

„Wenn es später im Job Probleme gibt, kann man auch nicht einfach gehen.“

Die Intention hinter dieser Aussage ist vielleicht sogar eine Gute: Das Kind soll lernen, in bestimmten Situationen klarzukommen, damit es später nicht auf der Strecke bleibt. Bei dem Erlernen von Bewältigungsstrategien und der Erhöhung von Resilienz allerdings ist das Maß der zu bewältigenden Herausforderung wichtig. Sonst wird aus der Herausforderung eine Überforderung. Das ist in gewisser Weise eine Frage des Alters – wobei man hier nicht den Fehler machen sollte, krampfhaft an bestimmten Altersgrenzen festzuhalten. Gerade in jungen Jahren entwickeln sich Kinder in verschiedenen Gebieten so unterschiedlich schnell, dass Vergleiche wenig Sinn machen. Später eigentlich auch nicht, aber in so jungen Jahren gilt das noch mal doppelt. Fest steht aber, dass man nicht von jedem das Gleiche verlangen kann. Die Kindheit ist eine Zeit unglaublicher Entwicklungsvorgänge – so rasch wie in dieser Zeit wachsen wir körperlich und geistig später nie wieder. Das heißt aber auch, dass es einen großen Unterschied ausmachen kann, ob ein Kind drei oder vier Jahre alt ist. Was es heute noch nicht bewältigen kann, kann es vielleicht locker in einem halben Jahr schaffen. Und man tut gut daran, darauf zu warten, bis dieser Zeitpunkt erreicht ist, sonst ist nichts gewonnen. Damit ist eigentlich auch schon diese Phrase abgegolten:

„Später muss er das auch hinkriegen.“

– genau, später. Nicht jetzt. Wann es dafür Zeit ist, zeigt oft schon eine aufmerksame Begleitung des Kindes. Man kann das vielleicht anhand Wygotskis Konzept der „Zone der nächsten Entwicklung“ verdeutlichen: Wenn man Kinder genau beobachtet, lässt sich herausfinden, was sie mit ein wenig Hilfe schon alles schaffen können. Darin gilt es, sie zu unterstützen, damit sie diese Dinge bald ganz allein bewältigen können, denn dies ist ihre Zone der nächsten Entwicklung. Würde man aber diese Stufe, in der sie etwas mit externer Unterstützung leisten können, überspringen und die Kinder mit einer zu großen Anforderung konfrontieren, wäre dies im Gegenteil kontraproduktiv für ihre Entwicklung. Trotzdem hört man in diesem Kontext öfter:

„Du kannst sie nicht immer behüten“.

Nein, natürlich nicht. Das ist ja auch gar nicht erstrebenswert. Erstrebenswert ist es, Kinder so zu unterstützen, dass sie irgendwann alleine laufen können, sie während dieses Lernprozesses aber nicht ungeschützt in Situationen laufen zu lassen, die sie nicht bewältigen können. Ja, es gibt ein paar Eltern, die so um ihre Kinder kreisen, dass diese sich nicht richtig entfalten können. Dort mag der Satz zutreffen:

“Wenn das Kind Probleme mit Trennungen hat, kann sich die Mutter nicht lösen.”

Wenn diese gern genommene Binsenweisheit aber vorschnell als Begründung für Probleme herangezogen wird, verschleiert sie im schlechtesten Fall die eigentlichen Ursachen und damit die entsprechenden Lösungswege. Beim Suchen nach Lösungen kann es ja oft auch ganz hilfreich sein, unseren Kindern noch ein bisschen genauer zuzuhören. Ich wage zu behaupten, dass Kinder, wenn wir aufmerksam sind, uns sehr wohl zeigen, wann sie unsere Hilfe benötigen – und wann nicht. 

„So wird sie nie selbstständig.“

Prinzipiell kann man davon ausgehen, dass Kinder nach Selbständigkeit streben. Wer war vielleicht nicht doch schon mal ein klitzekleinesbisschen genervt, weil das Kind irgendwas ganz dringend „alleine!!“ machen wollte? Weil es supersauer wurde, weil wir an seiner Stelle den Toaster bedient haben oder es nicht alleine die vier Monate alte Schwester tragen durfte? Weil… nunja. Tag für Tag zeigen uns unsere Kinder, wie gerne sie wachsen, lernen, autonom werden möchten. Komischerweise wird das immer dann vergessen, wenn es darum geht, dass Kinder doch jetzt mal bitte eine bestimmte Entwicklung durchlaufen sollen, wenn sie unserer Meinung nach etwas bestimmtes lernen sollen. Dann greift häufig, zumindest in unseren Breitengraden, noch die Auffassung, dass man das gezielt befördern muss, zur Not mit sanfter Gewalt. Es ist egal, ob das Kind in seiner persönlichen Entwicklung so weit ist, diesen Schritt zu meistern. Wenn die Erwachsenen finden, das sei jetzt mal dran, dann ist das auch so; wer größer ist, hat schließlich das Sagen.

Herbert Renz-Polster beschreibt diese Haltung in seinem Buch „Kinder verstehen“ so:

Wer selbstständige Kinder will, muss schon den kleinen Kindern etwas „zumuten“. Wenn kleine Kinder immer nur bekommen, was sie erwarten, bleiben sie nur allzu gerne bei „Null“, wird angenommen. Viele traditionelle Gesellschaften gehen von einem ganz anderen Entwicklungsmodell aus. Unabhängigkeit entsteht für sie nicht dadurch, dass kleine Kinder schon früh aus der Abhängigkeit „entwöhnt“ werden, sondern dadurch, dass sie alles bekommen, was ihnen zusteht!“ (S. 141).

Dies gilt für alle Verwöhnargumente hinsichtlich des Umgangs mit Babys, das gilt aber auch genauso für kleine Kinder. Man darf davon ausgehen, dass Kinder einen natürlichen Entdecker- und Weiterentwicklungwunsch in sich tragen, der sie automatisch nach Selbstständigkeit streben lässt. Wenn sie uns dann um Hilfe bitten (sei es tatsächlich in Worten oder durch Weinen oder Schreien oder Festklammern oder Vergleichbares), dann können wir davon ausgehen, dass sie unsere Hilfe auch wirklich benötigen und nicht davon, dass das ein fieser Manipulationsversuch der lieben Kleinen ist, der nur austesten soll, wie weit man denn bei uns gehen kann. Oft wird Kindern aber genau das unterstellt. Eine solche Denkweise bricht sich Bahn in Sätzen wie:

„Der will nur seinen Willen durchsetzen.“

Renz-Polster bringt die Sache noch mal ganz gut auf den Punkt:

Es dreht sich alles um eine vordergründig sehr simple Frage: Was ist das „Wesen“ des Kindes? Ist es von Natur aus „gut“ oder ist es „schlecht“? Was nach einem akademischen Streit klingt, hat ungeheure Auswirkungen auf das alltägliche Leben mit den Kleinen. Denn gehen wir davon aus, dass das Wesen des Kindes im Grunde „gut“ ist, so können Eltern gelassen sein und der Natur des Kindes freien Lauf lassen. Sie können voller Vertrauen auf seine Bedürfnisse eingehen und davon ausgehen, dass es sich dadurch zufriedenstellend entwickelt. Sehen wir das Kind aber als im Grunde „schlecht“, problematisch oder unzureichend an, so tun Eltern gut daran, es umzuformen und schon frühzeitig zu „erziehen“. Seinen Bedürfnissen werden sie dann eher skeptisch gegenübertreten und seinen Wünschen misstrauen (S. 138).

Ein weiterer guter Grund, unsere Kinder zu unterstützen, wenn sie es einfordern, ist der, dass Resilienz nicht allein durch herausfordernde Situationen entsteht. Vielmehr braucht es eine sichere Basis, damit eine solche psychische Widerstandsfähigkeit überhaupt aufgebaut werden kann: Eine sichere Bindung an eine oder mehrere Personen, zu denen unbedingtes Vertrauen besteht. Ganz klassisch sind das Mutter und Vater. Wichtig ist vor allem, und auch dies gilt über das Babyalter hinaus, dass diese Bezugsperson verlässlich ist, dass sie adäquat und feinfühlig auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht, ihm Respekt, wertschätzendes und akzeptierendes Verhalten entgegenbringt.

Solche sozialen Erfahrungen sind im Zusammenhang mit der Entwicklung von Bindung und Resilienz auch außerhalb der Familie von Bedeutung: Das Kind sollte genauso an anderen Orten emotionale und soziale Unterstützung erleben, positive Beziehungen aufbauen und gute Erfahrungen zum Beispiel in Krippe und Kita sammeln können. Zu solchen guten Erfahrungen gehört auch das Erfahren von Selbstwirksamkeit, das Erleben also, dass mit dem eigenen Handeln etwas bewirkt werden kann. Dies ist für Erwachsene genauso gesundheitsfördernd und relevant wie für Babys – und natürlich genauso wichtig für Kleinkinder. Dazu gehört dann auch ein gewisses Maß an Mitbestimmung – wie groß dieses Maß ist, variiert und hängt häufig von der (pädagogischen) Haltung ab, die Erwachsene im Umgang mit Kindern mitbringen. Mittlerweile verbreitet sich in Kitas allerdings zunehmend der sogenannte Partizipationsansatz, in denen Kindern, auch schon den kleinen, ein großes Maß an Mitbestimmung über ihren Alltag und ihr Tun zugestanden wird. Das ist erstmal anstrengender, als einfach Regeln vorzugeben und über Kinder zu bestimmen; es stellt nicht selten eine komplette Institution oder die Familie in ihrem Wirken in Frage. Wenn man es ernsthaft betreibt, kann es aber für alle Beteiligten (nicht nur für die Kinder) große Entwicklungsmöglichkeiten bereithalten und ergibt letztlich das, was Kindern an anderer Stelle wieder mit Macht beigebracht werden soll: mehr Autonomie und Verantwortung. In positiv besetzten Kontexten lernt sich das allerdings wesentlich leichter.

Lernen ist ja ohnehin, das weiß man mittlerweile, deutlich erfolgreicher, wenn es mit positiven Emotionen gekoppelt ist. Angst hingegen hemmt. Jetzt erwidert der ein oder andere vielleicht:

„Schmerz gehört zum Leben dazu.“

Ja, stimmt. Aber im Idealfall lernt man dabei auch, dass es Menschen gibt, die einen in diesem Schmerz begleiten und die versuchen dafür zu sorgen, dass dieser Schmerz nicht größer sein muss als unbedingt nötig. Man lernt auch, dass Schmerz und Trauer gezeigt werden darf und nicht verdrängt werden muss. Denn nur, weil jemand irgendwann keine Trauer mehr äußert, weil das nämlich nicht erwünscht war, heißt das nicht, dass sie nicht mehr da ist. Man darf zwar getrost davon ausgehen, dass die eine oder andere Situation im Leben, in der Kinder mit ihrer Trauer oder ihrem Schmerz allein gelassen werden, nicht gleich die psychische Komplettzerstörung bedeutet. Das kann aber nun im Umkehrschluss keine Begründung dafür sein, dass es eine gute Idee und völlig unproblematisch wäre, Kinder leiden zu lassen. Und dann funktionieren auch solche Vergleiche nicht mehr wirklich:

„Der XY hat vier Monate lang auch jeden Morgen beim Abgeben geheult. Aber irgendwann hat er aufgehört. Da müssen sie durch.“

Aber auch anderweitige Vergleiche wie:

„Also, bei uns war das ja GAR kein Problem!“

– das sei an dieser Stelle noch mal kurz erwähnt, sind NICHT hilfreich!

Die eigene Reaktion auf die Situation anderer ist ja zumeist ohnehin stark subjektiv geprägt und auf (singuläre) persönliche Erfahrungen gegründet – zumal, wenn man dies nicht explizit reflektiert. Von sich selbst auszugehen und zu glauben, das eigene Erleben würde 1:1 auch auf andere Menschen passen, ist also meist keine so gute Idee. Genau das passiert aber oft. Hinzu kommt gerade in Erziehungsdingen bei vielen Menschen oft noch eine Art Verdrängungsreaktion, wenn es um unangenehme Erfahrungen geht: Vielleicht hatte man damals selbst Angst, in die Kita zu gehen. Das war aber vor 30 Jahren tatsächlich nicht so relevant:

„Berliner Modell? Früher sind wir da einfach hingegangen.“

Gerne wird das mit dem Zusatz versehen: „…und das hat uns auch nicht geschadet” (und dem gedachten Zusatz: “Guck mich doch an! Ich bin total normal!“). Würde man sich selbst eingestehen, dass einen diese Situation tatsächlich unglücklich gemacht hat, dass sie einen sogar doch nachhaltig geprägt haben könnte, kann das erstmal gehörig am eigenen Bild und am Bild der eigenen Eltern rütteln. Das ist oft so schmerzhaft, dass es unbewusst lieber vermieden und stattdessen die Flucht in ein „war doch nicht so schlimm“ gesucht wird. Um diesen Standpunkt zu manifestieren, funktioniert es dann oft recht gut, anderen genau diesen, eigentlich schmerzhaften, Weg zu empfehlen, weil dies dann als Begründung und Rechtfertigung des eigenen Weges gelten kann. Nicht gesund, aber wohl auch nicht so selten. Dann kommt es logischerweise auch nicht in Frage, das andere einen anderen Weg gehen, als man selbst:

„Die Kita wechseln?! Was ist, wenn es in der nächsten genauso läuft?“

Ganz ehrlich, der Satz ist so überflüssig wie eine Kita-Grippeepidemie, denn den betroffenen Eltern selbst ist er sicher schon 100 mal durch den Kopf gegangen. Aber was steht eigentlich hinter so einem Kommentar? Macht sich der, der einen solchen Satz ausspricht, wirklich Sorgen um das Befinden von Kind und Eltern, oder steht dahinter nicht eher die Mitteilung des bereits Gehabten: „Wenn sie jetzt ihren Willen bekommt…“, „er will sich nur durchsetzen…“, „da muss man durch…“. Vor diesem Hintergrund ist eine solche Frage dann eher belehrend und bringt die Betroffenen zudem auch noch in eine unangemessene Rechtfertigungsmisere – rechtfertigen muss man sich in einer solchen Situation maximal vor dem Kind, den Erziehern und der Einrichtung. Nicht aber vor Außenstehenden. Und wenn man den Satz mal rein auf der Sachebene betrachtet:  Natürlich kann niemand vorhersagen, wie sich eine bisher verfahrene Situation in einer anderen Kita entwickelt. Aber eine Verschlechterung ist wohl auch eher unwahrscheinlich, denn wenn der aktuelle Zustand akzeptabel wäre, würde man ja keinen Wechsel anstreben. Bestenfalls lernt das Kind, dass man eine Situation nicht krampfhaft aushalten muss, sondern dass man etwas ändern kann, und dass Dinge gut werden können, wenn man ausreichend unterstützt wird. Und es lernt, wie gut eine solche Unterstützung tut und dass es ebenso gut ist, andere zu unterstützen, wenn es an der Zeit ist. Ich persönlich finde das ja ein wesentlich schöneres Lernziel als Durchkämpfen.

 

*Inspiriert durch N.  –  Danke!*

 

Quellen:

Tagesthemen

Heute liefen mir verschiedene Themen über den Weg, und vorhin ging mir so durch den Kopf, was sie wohl verbindet.

Hier sind sie:

Zu(-)lassen  .  KMK-Präsidentschaft  .  Offene Gesellschaft

Diese drei Schlagwörter sind heute irgendwie hängen geblieben. Das erste generiert sich aus einem Artikel, den ich heute morgen überflog:

Zu(-)lassen

Ich weiß schon gar nicht mehr, welcher Artikel es genau war, ich weiß aber noch, dass ich ungefähr drei Mal dieselbe Stelle lesen musste, weil ich über die Rechtschreibung stolperte: Dort stand „zu lassen“. Ich glaube, es ging darum, Dinge einfach mal sein zu lassen. Ich las den Satz aber die ganze Zeit im Sinne von „zulassen“ und wunderte mich, warum hier die neue Rechtschreibung so kreativ angewendet wurde. Bis ich die eigentliche Satzbedeutung endlich kapierte – und mir so dachte: Lustig, so weit sind die Begriffe ja auch nicht auseinander. Wenn man etwas zulässt – ob andere Meinungen, eine vielleicht erst unangenehme Situation, Gefühle, was auch immer – dann lässt man die Dinge ja meist auch: Man lässt sie los, man lässt sie sein, man lässt sie so, wie sie sind, ohne krampfhaft etwas verändern zu wollen. Überhaupt, dachte ich mir, sollte man viel öfter mal was sein lassen. Eben, genau, sein lassen: Die Dinge dürfen so sein, wie sie schon sind. Mal nichts verändern wollen, sondern sich mit dem Gegebenen begnügen und auseinander setzen, es sich genau ansehen und nicht gleich verurteilen. Den Dingen einfach ihren Lauf lassen. Das kann ja auch sehr entlastend sein, sowas: einfach mal zulassen. Also, zu lassen.

KMK-Präsidentschaft

Auf der Arbeit bekam ich dann eine Mail mit einem Link zu einem – zugegebenermaßen nicht ganz neutralen – Artikel über die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Frau Dr. Eisermann, Kultusministerin in Baden-Württemberg. Ich war spontan nicht angetan; nicht nur, weil ich gewisse Vorbehalte gegenüber den meisten Haltungen der CDU hinsichtlich der Bildungspolitik hege, sondern vor allem weil man den Eindruck gewinnen kann, dass die gute Frau gerne über die Dinge urteilt, die ihr noch nicht so direkt in natura begegnet sind. Da kann ich natürlich nur mutmaßen, aber wenn ich mir ihren Lebenslauf so ansehe, ist da nicht viel Schulpraxis zu erkennen. Als Lehrerin würde ich mich doch – und das zu Recht – stark von ihr gegängelt fühlen. Konkret bezog sich der Artikel vor allem auf die harsche Kritik der Ministerin an dem „Lesen durch Schreiben“, bei dem mit einer Anlautabelle gearbeitet wird und das auch oft „Schreiben nach Gehör“ genannt wird, was ich ja immer als etwas irreführend und den Kritikern sofort Futter liefernd empfinde. Hier ist jetzt nicht der Ort, darauf intensiv einzugehen – Google liefert dazu auch massig Ergebnisse. Ich hatte mich vor einiger Zeit interessehalber mal mit der Methode auseinandergesetzt und bin nun selbst nicht erklärter Fan davon, denn ich finde, es gibt auf theoretischer Ebene berechtigte Kritikpunkte und ich kann auch die Ressentiments der Beteiligten verstehen. Ich kann aber auch die Pro-Argumente dafür nachvollziehen. Vor allem aber glaube ich: Es gibt nicht für alle Kinder DIE Methode, die gleich gut funktioniert. Ob es nun das Schreiben Lernen oder andere Bereiche betrifft. Ganz hübsch auf den Punkt bringt das meiner Meinung nach übrigens dieser Artikel. Und gerade weil ich glaube, dass beim Lernen verschiedene Herangehensweisen sinnvoll sein können und weil ich überdies auch noch dazu neige, dem Großteil der Lehrer dahingehend zu vertrauen, dass sie sich und ihre Arbeitsweisen angemessen reflektieren (ich kenne sogar ein paar), finde ich eine solche pauschalisierende Kritik einer Kultusministerin und ein anscheinend eher unsensibles Reingewurschtel in die Unterrichtsmethoden eher so mäßig. Nun wohne ich nicht in Baden-Württemberg, also könnte es mir ja egal sein, was sie da im Ländle veranstalten, aber als Präsidentin der KMK wird mir die Dame nicht gerade sympathischer, und ich frage mich schon, was wir wohl in diesem Jahr von jemandem mit dieser Haltung wohl noch für die Gesamtorientierung aller Bundesländer in Bildungsdingen – und dafür steht die KMK – zu erwarten haben. Vielleicht sollte ich die Dinge aber auch einfach mal zulassen. Könnte man aber auch Frau Eisermann mal empfehlen: Die Leute in der Praxis einfach mal machen lassen, in dem Vertrauen darauf, dass dort bei manchen Themen eine gewisse Kompetenz vorliegt. Stärken erkennen und so. Das führt dann quasi auch schon zu Thema Nummer drei:

Offene Gesellschaft

Dieser Begriff begegnete mir heute Abend auf einer Autofahrt in den Taunus, die mich zur Abholung gebrauchter Brio-Eisenbahnteile führte. Die Eisenbahnteile tun hier eigentlich nichts zur Sache, wenngleich ich sie bestimmt symbolträchtig integrieren könnte, aber ich will es jetzt mal nicht übertrieben.

Im Radio lief HR2, denn es war kurz vor sieben und damit fast Hörbar-Zeit. Ich liebe die Hörbar. Vor der Hörbar kam aber noch der Abschluss der vorangegangenen Interviews. Das Thema war „Wahlverwandtschaften – Wer mit wem und warum?“ und drehte sich ums Wahljahr 2017. Der Interviewpartner sprach von Fremdenfeindlichkeit und AfD und wie man denn damit umgehen könne. Und erwähnte als eine vielversprechende Möglichkeit der Bürgerbeteiligung die „Offene Gesellschaft“. Von der hatte ich zugegebenermaßen vorher noch nicht viel gehört, deshalb habe ich im Nachgang gegoogelt. Die Offene Gesellschaft ist eine bürgerschaftlichen Initiative, die zum Ziel hat, durch Bündelung demokratischer Kräfte und die Beteiligung der Bürger die Demokratie im Land zu stärken – insbesondere auch gegenüber antidemokratischen Entwicklungen und Einwirkungen. Einen recht guten ersten Eindruck verschafft auch dieser Artikel.

Als Begriff geht die „Offene Gesellschaft“ auf Karl Popper zurück und steht in der Tradition des Liberalismus.

„Wir leben in einer Welt der Ungewissheit. Niemand weiß genau, was wahr und was gut ist. Darum müssen wir immer neue und bessere Antworten suchen. Das geht aber nur, wenn Versuch und Irrtum erlaubt sind, ja, ermutigt werden, also in einer offenen Gesellschaft. Sie wenn nötig zu verteidigen und sie jederzeit zu entwickeln, ist daher die erste Aufgabe.“ Ralf Dahrendorf

(Quelle: https://www.die-offene-gesellschaft.de/about)

Entsprechend dieser Idee veranstaltete die Initiative in jüngster Zeit Veranstaltungen, bei denen offen Probleme in der Gesellschaft diskutiert werden konnten mit dem Ziel, diese Probleme lösungsorientiert zu besprechen. Eine solche Haltung erscheint mir ganz vielversprechend, denn mir kam in letzter Zeit schon öfter die – wohl nicht so weit hergeholte – Kritik an der aktuellen Politik unter, dass der rechte Rand auch deshalb so viel Macht bekomme, weil bestimmte Themen nicht laut besprochen werden dürften – zum Beispiel die Angst vor Menschen aus dem Ausland, die Angst, dass diese Menschen die eigene Armut, die eigene Benachteiligung vergrößern könnten, der daraus resultierende Hass und die zwar unlogischen aber deshalb nicht weniger gefährlichen Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden. Dies alles ist nicht gut, es ist aber da und findet nur an den Orten Gehör, die eigentlich nicht größer werden sollten: Rechtsradikale Gruppierungen; Orte des Faschismus, der Gewaltbereitschaft, der Ausgrenzung. Blendet man diese aber aus oder versucht sie wegzudrücken ohne sie zu bearbeiten, verhält es sich in etwa wie in der sozialen Kommunikation – dort weiß man: „Störungen haben Vorrang“, und wenn man sie nicht angemessen bearbeitet, ploppen sie immer wieder auf und irritieren nachhaltig den Prozess. Wenn man sich aber nun möglichst unideologisch den Problemen stellt und dabei auf die Mitwirkung aller Beteiligten setzt und dabei zudem darauf vertraut, dass diese in der Regel durchaus Kompetenzen zur Bewältigung der Problematik mitbringen und dass man diese Kompetenzen vielmehr aktivieren muss – dann klingt das durchaus vielversprechend finde ich.

Auch auf anderer Ebene ist mir die Initiative ganz sympathisch: Ich konnte mich nie so recht dazu durchringen, die FDP zu wählen. Das Wahlprogramm war mir einfach nie besonders nah, ich fühlte mich zudem als Frau auf diffuse Weise nicht so recht vertreten. So etwas wie die Offene Gesellschaft füllt vor diesem Hintergrund bei mir durchaus eine Lücke. Denn liberale Ansätze sind mir durchaus sympathisch. Das Grundprinzip, mit einer größeren Eigenverantwortlichkeit und stärkerem Engagement des Einzelnen zu arbeiten, finde ich gut, denn es beschert ja gleichermaßen auch ein höheres Maß an Freiheit und Selbstbestimmtheit. Es bedeutet eben auch hier: Die Menschen einfach mal zu lassen, anstatt aus einem Bedürfnis nach Sicherheit heraus zu regulieren. Passt übrigens auch auf Bildungs- und Erziehungsthemen.

Das waren also meine Tagesthemen. Ziemlich viel Liberalismus. Ich frage mich jetzt allerdings, ob ich vielleicht immer schon unterdrückte FDP-Wählerin war?

Tragbar

In meiner Fortbildung zur Trageberaterin habe ich viel gelernt. Damit dieses Wissen aber aktuell bleibt, braucht es regelmäßige Übung und Auffrischung.

Im Sinne meiner eigenen Professionalisierung und aber genauso als Unterstützung für andere trage ich ab sofort unter dem Reiter „Tragbar“ Grundlagen zum Tragen und die gängigen Bindetechniken zusammen. Dabei geht es mir vor allen Dingen um Hintergrundinformationen – dezidierte Bindeanleitungen werde ich zum Teil verlinken, sie finden sich aber auch umfangreich im Netz.

Meiner Meinung nach sollte man sich ja neben solchen Infos immer auch eine gute Trageberatung suchen – ich bin das beste Beispiel, denn hätte ich eine professionelle Beratung gehabt, hätte ich mein Tragetuch und auch meine Tragehilfe sicher mit einem sehr viel breiteren Spektrum und auch für mich rücken- und beckenbodenfreundlicher eingesetzt. An manche Bindeweisen traut man sich alleine eben nicht so recht heran und tut auch gut daran, sich einmal die wichtigsten Kniffe zeigen zu lassen inklusive der Hinweise, was es beim Binden jeweils zu beachten gibt, damit es für Mutter und Kind auch gut funktioniert. Zudem passt einfach nicht jede Bindeweise auf jedes Kind oder jeden Tragenden oder jeden Zeitpunkt.

Die hier nach und nach entstehende Infosammlung bietet aber neben einer Beratung (aus der man ja auch nicht alles sofort behält) hoffentlich eine gute Möglichkeit, noch einmal nachzulesen und hilfreiche Anregungen zu finden.

Hässliches Spielzeug

Mit Blasen und Schrammen an den Händen schreibe ich diese Zeilen. Mein Rücken schmerzt, ich bin mental erschöpft. Hintergrund: Ich habe Spielzeug sortiert. Also, nicht aufgeräumt, nein, sortiert. Weiß ja mittlerweile jeder, dass zu viel Spielzeug gar nicht gut ist, und wenn man schon nicht in der Lage ist, radikal zu reduzieren, dann muss man ja wenigstens zwischendurch mal was wegpacken und dann immer wieder durchtauschen und so…

Da ich manche Spielsachen in unserem Haushalt ohnehin ganz schön hässlich finde, habe ich mich heute, an einem Abend, an dem der Sohn außerhäusig weilt, der Thematik angenommen. Vermutlich wird er es nicht merken, denn er hängt glücklicherweise kaum an Materiellem. Was nicht heißt, dass er nicht gerne Dinge benutzt, die so in der Gegend herumliegen; die Thematik „Übergangsobjekt“ blieb uns allerdings bisher fern.

Doch, halt, es gibt eine Ausnahme: Autos. Sie sind überall. Also, wirklich ÜBERALL. Zum Glück finden wir das niedlich. Sehe ich ein Auto neben dem Waschbecken, denke ich: Hach, der Hase war da. Sehe ich eine ordentlich aufgereihte Parkschlange vor dem Fernseher, fühle ich mich irgendwie zuhause. Die Autos: Sie sind wie kleine, versteckte Botschaften. Hier war ich, hier, unter der Treppe, hinter dem Sofa, im Bett, in der Abstellkammer, im Wäscheschrank, unter der Spüle, auf dem Schrank, unter dem Tisch, auf dem Tisch, im Auto. Ja, natürlich, im Auto sind auch Autos. Denn nichts geht ohne Autos! Mittlerweile gehören sie essentiell zu meinem Leben. In jeder Tasche habe ich ein Notfallauto. Für schwierige Zeiten. Ein Notfallauto und ein Notfalllolli – mein persönliches Carepaket.

Die Autos haben also Sonderstatus, die dürfen bleiben.

Andere, sehr hässliche Dinge habe ich ja ohnehin schon immer zwischendurch versucht, verschwinden zu lassen, denn an im Haus verteiltem Spielzeug generell stört sich mein Auge nicht, wohl aber an optisch grausamen Ereignissen wie dem Vollplastik-Ding-Dong, das, ganz wichtig, mit gewichtsbeschwerten Kunststoffeiern benutzt werden muss, damit es ordnungsgemäß ding dong macht. Nimmt man beispielsweise einen Golfball (übrigens das Überbleibsel einer Ferienfreizeit 1997 in Schweden, das tut hier aber eigentlich nichts zur Sache), bleibt der hängen, es macht nicht ding dong und man muss sich die Hand verrenken, um ihn wieder rauszupulen. Und auch ohne ding dong beleidigt es die Sinne. Ich habe es also endlich in den „Kommt ganz aus dem Sichtfeld und aufs Dach“-Karton verfrachtet. Dazu kamen (unter anderem): zwei Kreisel, so merkwürdiges Babyduplo, diverse Stapelspiele und mehrere Holzpuzzle – bei denen jeweils mindestens ein Teil fehlt. Was man aber nicht mehr merkt, denn sie fliegen jetzt in Einzelteilen quer durch den Karton. Es wundert mich übrigens, dass so viele Teile fehlen, denn das Kind hat in meiner Gegenwart maximal ein Mal an einem Holzpuzzle gepuzzelt. Überhaupt dachte ich lange Zeit, ihm fehlten dafür entweder Geduld oder Begabung, bis mich die Tagesmutter einmal aufklärte, er würde dieser Beschäftigung bei ihr mit großer Leidenschaft und Können nachgehen. Wahrscheinlich kann er auch schon lesen, er sagt es mir nur nicht. Weiterhin wandern in den Karton: komische Puppensachen und ein lärmendes Feuerwehrauto, dessen atomkraftwerknäheartig mutiert scheinender Insasse ohnehin nicht mehr voll funktionsfähig war.

Und dann dieser Moment, wenn alles drin ist, man gerade den Karton zumachen will, und merkt, dass man die äußeren Tragelaschen nicht nach innen geklappt hat! Damnd, acht Umzüge und kein bisschen schlauer! Ich bin ja nicht der Typ für geordnetes Umräumen, also pfriemele ich unter großem Geschepper daran herum. Da fällt mir auf, dass die Kugelbahn (immerhin aus Holz!), bei der immer schon die Runterrollteile hängen geblieben sind, noch draußen steht. Die muss aber rein! Denn ein Stockwerk höher steht noch eine Kugelbahn. Zwei Kugelbahnen, die niemand benutzt, braucht kein Mensch! Rein theoretisch passt das Ding noch in den Karton, rein praktisch mache ich nun Lärm wie ein Sperrmüllauto, indem ich mit beiden Händen wühlend verzweifelt versuche, das sperrige Teil neben das Ding Dong und zwischen die Kreisel zu verfrachten. Dabei rutscht aber immer wieder das Babyduplo dazwischen und die Feuerwehr macht nöötnööt. Irgendwann ist das Werk vollbracht, und ich verzichte an dieser Stelle, noch auf den „Enthält Spielzeug zum Austauschen und wandert nur in die Abstellkammer“-Karton einzugehen. Man kann es sich in etwa vorstellen.

Es gibt aber auch hässliche Dinge! Und sie scheinen immer mehr zu werden, je häufiger man sie anguckt und in die Hand nimmt. Es ist eine Invasion! Der grafisch beleidigenden Bücher bin ich schon einigermaßen Herr geworden; mein geheimes Ziel ist es, möglichst nur noch Papierwerk zu horten, das entweder dem Kind so am Herzen liegt, dass ich es nicht entfernen darf, oder aber solches, das meinen ästhetischen Ansprüchen in Sachen Illustration und Design genügt. Am besten beides. Hartes Brot. Wenn ich nur an den kleinen roten Traktor in Buchform denke. Irgendwann war dann auch noch der „tuuttuut“-Knopf kaputt und ich musste das Geräusch unter erfolglosem Drücken des Knopfes nachmachen. Aber wie gesagt, wenn es um persönliche Liebesbeziehungen des Kindes geht, bin ich demütig, da halte ich auch ein Spongebob-Pixibuch aus.

Jetzt kann man sich fragen: Wenn das ganze Zeug doch so schlimm ist, warum, um alles in der Welt, hat sie sich das ins Haus geholt?

Die Antwort ist: ICH HABE DAS NICHT GETAN! Es ist zu mir gekommen. Wie dieses riesige Staubknäuel in der Werbung, das durch die Straßen rollt, ist das Spielzeug, zusammen mit den hässlichen Bilderbüchern, in unseren Haushalt gewalzt. Es kam in Kartons, in alten Plastiktüten, in Waschzubern, in Stofftaschen. Es wurde begleitet von seinen Vorbesitzern mit den Worten: Das hat mal xy gehört, der hat das geliebt! Leider. (LEIDER! Ja! Klar!) braucht er das ja jetzt nicht mehr. Aber ihr! Ihr könnt das sicher noch gebrauchen. Ich lass das mal da! Nehmt das mal mit! Guckt das mal durch!

In Wahrheit, liebe Freunde und Verwandte, wart Ihr bloß froh. Einst stopftet Ihr, genauso wie ich heute, Stück um Stück der hässlichen Teile in Eure Kartons und Tüten und Waschzuber und habt nur auf den Tag gewartet, an dem Ihr es armen, unschuldigen Neueltern aufhalsen konntet. Denn mal ganz ehrlich: Auf dem Flohmarkt hätte Euch das doch keiner mehr abgekauft! Also habt Ihr mir diese riesige, riesige Freude gemacht und mir dabei erzählt, Ihr hättet den Kram immer total super gefunden! Ich vermute, ein bisschen habt Ihr Euch sogar selbst geglaubt.

Und dann liegen sie da, das achte und neunte hässliche Holzpuzzle mit psychedelischen Figuren, das zwar immerhin aus Holz ist, aber das man selbst so nie gekauft hätte. Die Winnie-the-Pooh-Geschichten im gepolsterten Glitzereinband. Die angenagten Stapelringe. Das klapprige Plastikbuch, das mit tönender Stimme unsinnige Reime und schrille Lieder von sich gibt, und dem nur Einhalt zu gebieten ist, wenn man ihm den Akku herausreißt. Schrabbelige Spielhandys mit schiefen Tastentönen. Feuerwehrautos und Kräne in Monstergröße. Dazwischen das ein oder andere fiese Geschenk in Form eines Spieltablets, das „AAA, wie AAAPFel“, „Ein Schaaf! Määääh“! kreischt, wenn man es aus Versehen ansieht. Und das das Kind nicht sonderlich vermisst, wenn es aus Versehen in einer Ecke verschwindet, das es aber superdringend braucht, wenn es dann aus Versehen doch mal wieder an die Oberfläche gelangt.

Es hätte so schön, so ruhig, so pädagogisch-reduziert wertvoll, so nachhaltig und durch und durch hölzern werden können. Ich hätte das ein oder andere ökologisch bedacht produzierte Objekt kaufen können, dazu ein paar neckische, aber natürlich total gut erhaltene Basarfunde, die andere Eltern „superschön“ und unser Kind herzlich uninteressant gefunden hätten. Tagein tagaus hätte der Sohn friedlich mit Ostheimer-Figuren und ein paar Objekten, in ihrer Gestaltung natürlich nicht zu sehr festgelegt und somit Interpretationsspielraum bietend, ganze Klimakonferenzen inszeniert. Stattdessen sucht er verzweifelt die Plastikspinne, die er letztens von einer freundlichen Verkäuferin auf dem Weihnachtsmarkt – ja, genau: geschenkt bekam.

Aber, ha, ich habe meine Chance genutzt. Der Plastikanteil ist reduziert, die Gesamtmenge dezimiert. Es sieht hier zwar irgendwie nicht anders aus als vorher, aber ICH WEIß ES!

Und bevor mir noch jemand Übergriffigkeit unterstellt: Alle Autos sind noch da.